"SOJUS ist nicht nur der Name des Raumschiffs,
sondern ein Programm für Jahrzehnte."

Sergej Koroljow, 1965


Soweit so gut.
Eine Trägerrakete und eine bemannte Raumstation soll Sergej Koroljow konstruieren.
Da fehlt noch... genau...
das Bindeglied:

ein Raumschiff

WOSTOK, der alte bewährte Typ für bemannte Flüge, kommt für die neu avisierten Missionen nicht mehr in Frage. Denn mit dem "Oldtimer" sind Orbitänderungen, Rendezvous- und Andockmanöver unmöglich durchzuführen. Platz ist in einer WOSTOK-Kapsel nur für einen (1) Kosmonauten, und der ist praktisch nur Passagier, nicht Akteur.
DER CHEFKONSTRUKTEUR braucht also ein neues Raumschiff.
Pläne dafür hat er schon längst gemacht, zwischen 1959 und 1962, auch wenn er damals nicht gewusst hat, wohin sich das sowjetische Raumfahrtprogramm in Zukunft wenden wird.


Ist es bloßer Zufall, dass zur gleichen Zeit zwei geniale Wissenschaftler und Konstrukteure der Raumfahrt, die sich nie begegnet waren,
an Orten, Tausende Kilometer voneinander entfernt,
die gleichen phantastischen Visionen entwickelten:
Sergej Koroljow und Wernher v. Braun?

Der vorausschauende Mann weiß, dass Rendezvous- und Andockmanöver in der nahen Zukunft der Weltraumfahrt eine dominierende Rolle spielen werden.
OKB-1 hat eine leistungsstärkere Drittstufe der WOSTOK-R7-Trägerrakete entwickelt, mit der man nun Nutzlasten bis zu 6,7 Tonnen in den Weltraum transportieren kann.
Und mit einer Mischung aus Schläue und Weitsicht entwickelt Koroljow das neue Raumschiff gleich so vielseitig, dass es neben vielen anderen Verwendungen auch für Mondumrundungen geeignet ist.


Abb. 13-1

SOJUS-Raumschiff
(frühe Version)

von links nach rechts:
Orbital-, Kommando- und Gerätesektion,
mit ausklappbaren flügelförmigen Solarzellen

 


Abb. 13-1  SOJUS-Raumschiff (frühe Version)

Abb. 13-2

spätere
SOJUS-TM-Version

Abb. 13-2  spätere SOJUS-TM-Version

Abb. 13-3

SOJUS - Raumschiff im Riss

 

Abb. 13-3  Risszeichnung eines SOJUS-Raumschiffes
Technische Details:
A - Geräte- und Triebwerkssektion
B - Kommando- und Rückkehrkabine
C - Orbitalkapsel
Gewicht: 6,5 t Länge: 7 m
Solarzellen:
Spannweite: 8,40 m / Fläche: 9 m²
Besatzung:
0-3 Kosmonauten
Haupt- und Reservetriebwerk:
je 400 kN Schub

Abb. 13-4

Originales, im Tsiinash-Museum befindliches
SOJUS-Raumschiff


Die Raumschiffserie SOJUS (russ.= "Vereinigung") ist geboren,
das im Dauereinsatz bis zum heutigen Tage erfolgreichste Raumschiff, welches Menschen bis heute gebaut haben.

(An die im Bau befindliche Internationale Raumstation ISS ist ständig ein SOJUS-Raumschiff angedockt, um im Notfall für die Besatzung eine schnelle und sichere Rückkehr zur Erde zu gewährleisten.)


Doch zunächst soll es ein dorniger Weg für Koroljows geniale Idee werden ...
und er selbst wird tragischerweise den ersten erfolgreichen Start "seines" SOJUS-Raumschiffes nicht mehr erleben können ... wir haben davon in Kapitel 5 berichtet.

Drei verschiedene Typen sind in einem seiner ersten Entwürfe zu entdecken:

  • SOJUS-A
    wird als bemanntes Raumschiff für einen (1) Kosmonauten ausgelegt
  • SOJUS-B
    als Raumschiff für eine dreiköpfige Besatzung, welches mit eigenem Triebwerk in der Lage ist bis zum Mond zu fliegen und dort Andock- und Rendezvousmanöver auszuführen
  • außerdem SOJUS-W,
    das unbemannte Tank- und Frachtschiff, das wir heute unter dem Namen "PROGRESS" kennen.

Natürlich ist nach außen hin der SOJUS-Komplex allein für die Treibstoffversorgung der OS-1-Raumstation und die Transporte dorthin vorgesehen.
Intern stellt sich Koroljow einen Flug zum Mond so vor, dass SOJUS-W das schon in einem Erdorbit befindliche SOJUS-B-Raumschiff mit 4 Tonnen Treibstoff betankt, SOJUS-B dann an SOJUS-A ankoppelt und beide gemeinsam zum Mond fliegen, ihn umrunden und zur Erde zurückkehren.
Nur umrunden?

Nein, nicht nur, DER CHEFKONSTRUKTEUR hat auch Pläne für eine bemannte Mondlandefähre in der Schublade, das spätere "LUNNIYI KABINA" (LK), welches Kosmonauten von einem in einer Mondumlaufbahn wartenden SOJUS-Raumschiff, dem späteren "LUNNIYI ORBITALNIY KORABL" (LOK), zum Mond und zurück zur Erde bringen kann.

Letztendlich entscheidet man sich bei SOJUS für eine dreigeteilte Struktur, die dem ursprünglichen A-Typ am nächsten kommt.
Die einzelnen Komponenten sind eine Geräte- und Triebwerkssektion, mittig eine Kommando- und Rückkehrkabine, und eine Orbitalkapsel als zusätzlicher Aufenthaltsraum für bis zu drei Kosmonauten.


Abb.13-4

Verschiedene SOJUS-Typen von 1967-89.

jeweils in die Nutzlastverkleidung
der obersten Stufe des SOJUS-Boosters eingebettet;
darüber das Fluchtsystem

 

Abb. 13-4  Verschiedene SOJUS-Typen von 1967-1989, in die Nutzlastverkleidung des SOJUS-Boosters eingebettet


Abb. 13-5a

Der SOJUS-Booster

Die Trägerrakete des neuen Raumschiffs
ist eine Weiterentwicklung der
WOSCHOD-R7-Version

in den Jahren 1962-63 entwickelt;
der erste Start erfolgt am 16.11.1963;
bis heute über 1100 Starts(!)
mit einer Erfolgsrate von ca.75%


Abb. 14-2 Modell eines Sojus-Boosters

 

Technische Daten:

Gewicht:
ca. 298t

Länge: 34,50m
(49,30m mit SOJUS-Nutzlast)

Max. Durchmesser:
3m
Startschub: 4110kN
Nutzlast: 7t

Abb. 13-5a

SOJUS-Booster

 

Abb. 13-5 a  Sojus-Booster

Im Einzelnen:

1 - Stabilisierungsfläche
2 - Triebwerke der 1. u. 2. Stufe
5+ 6 - Brennstoff- bzw. Oxidatorbehälter d. Außenstufe
7+ 8 - dgl. des Mittelblocks
9 - Lenksystem
11 - Triebwerk der 3. Stufe
12+14 - Oxidator- und Brennstoffbehälter der 3. Stufe
16 - Raumschiff SOJUS
17 - Nutzlastverkleidung
18 - Rettungssystem



Auch die amerikanischen Wissenschaftler haben ein neues Raumschiff im Visier, das, etwas einfallslos "COMMAND & SERVICE MODULE" getaufte zweite Herzstück des APOLLO-Mondprogramms.
Im Unterschied zum sowjetischen Gegenstück SOJUS ist das CSM-Raumfahrzeug vorrangig für die Mondmissionen konzipert worden.

Ausführlich stellen wir die APOLLO-Kapsel, wie das Modul im Volksmund erinnerlicher genannt wird, in den Kapiteln 15 und 17 vor.


Inhalt

Letztes Update dieser Seite am 04.04.2004

Kapitel 13

Ein neues Raumschiff: SOJUS